Bis 2026 fehlen in Deutschland rund 100.000 Ingenieure - WELT (2024)

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Ingenieure sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Sie gelten hierzulande als gut ausgebildet und bezahlt. In der Bevölkerung genießen sie ein hohes Ansehen, das zeigte gerade erst wieder eine repräsentative Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI).

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Danach bekunden 83 Prozent der deutschen Bevölkerung ihre Achtung vor den Leistungen der Ingenieure und sogar 87 Prozent geben an, dass das, was Ingenieure geschaffen haben, aus unserem heutigen Leben nicht wegzudenken ist. Die Bewertungen sind unabhängig von Geschlecht, Alter oder Bildung.

„Die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung achtet und schätzt die wichtige Rolle der Ingenieurinnen und Ingenieure für den Technikstandort Deutschland. Sie leisten einen entscheidenden Beitrag für die gegenwärtig gute Lage unseres Landes. Darauf können wir stolz sein“, kommentiert VDI-Präsident Udo Ungeheuer die Ergebnisse.

Besonders Elektroingenieure fehlen

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Ansehen hin oder her – der Berufszweig ist für junge Menschen offenbar nicht attraktiv genug, denn noch nicht einmal der aktuelle Bedarf kann gedeckt werden: Bis 2026 fehlen etwa 100.000 Ingenieure, wobei besonderer Mangel bei Elektroingenieuren herrscht. Hier kann der Bedarf in den nächsten zehn Jahren nur zur Hälfte gedeckt werden, so eine aktuelle Studie im Auftrag des Verbands der Elektrotechnik und Elektronik (VDE) in Kooperation mit dem VDI.

Der Fachkräftemangel betrifft jedoch nicht nur Auszubildende: Auch Studierende der Elektroindustrie werden dringend gesucht. Da laut VDE zukünftig von einem konstant wachsenden Bedarf auszugehen ist, müssen Unternehmen in der nächsten Dekade mehr als 100.000 Elektroingenieure zusätzlich gewinnen.

Dabei stehen sie im harten Wettbewerb mit anderen Industriestandorten in Amerika, Asien und Europa. Die Metastudie fasst erstmals Zahlen des Mikrozensus 2013 zusammen, der Bundesagentur für Arbeit und des statistischen Bundesamtes, um damit ein differenzierteres Gesamtbild zeichnen zu können, als das bisherige Studien taten.

Es muss mehr Werbung betrieben werden

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„Unternehmen, Hochschulen und Verbände sollten nicht in ihrem Bemühen nachlassen, mehr Jugendliche für ein Studium der Elektro- und Informationstechnik zu gewinnen und internationale Studierende und Ingenieure zu integrieren. Und der Bedarf an jungen Menschen in den elektrotechnischen Lehrberufen sollte auch nicht in Konkurrenz zur akademischen Ausbildung gedeckt werden. Denn es gibt eindeutig keine ‚Überakademisierung‘ in der Elektro- und Informationstechnik, sondern vielmehr einen ‚Double Gap‘, der Elektroingenieure und Elektrofachkräfte gleichermaßen betrifft“, erklärt VDE-Vorstandsvorsitzender Ansgar Hinz.

Nachwuchssorgen haben auch andere technische Sparten, das weist die im Juli dieses Jahres veröffentlichte Fachkräfte-Engpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit aus. Bei den technischen Berufen zeigten sich Besetzungsschwierigkeiten sowohl auf der Ebene der Ingenieure als auch bei den nichtakademischen Fachkräften, heißt es.

Betroffen seien neben der Elektrotechnik vor allem der Fahrzeugbau, die Metalltechnik, die Ver- und Entsorgung, Aus- und Trockenbau, Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, IT-Berufe und technische Berufe im Eisenbahnverkehr. Das sei umso erstaunlicher, als Ingenieure auch im Vorjahr einen guten Arbeitsmarkt vorfanden, konstatierten die Experten der Bundesagentur für Arbeit im März Arbeitsmarktbericht für Ingenieurinnen und Ingenieure in Deutschland.

Kritik an der Qualität des Studiums

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„Die Nachfrage nach Technik-Experten war weiterhin hoch, obgleich das Niveau der Stellenmeldungen in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Die Zahl der Beschäftigten wächst kontinuierlich. Die Zahl der Arbeitslosen, die eine Tätigkeit als Ingenieur anstreben, ist im Kontext wachsender Absolventenzahlen gestiegen. Nach wie vor fällt sie aber so gering aus wie in kaum einer anderen Berufsgruppe.“ Zugleich äußert die Untersuchung die Hoffnung, dass die „stark gewachsenen Zahlen von Studierenden den Engpässen zunehmend entgegenwirken dürften.“

Doch gibt es noch viel zu tun, um die Studierenden fit für die Praxis zu machen. Das zeigt die im Frühjahr dieses Jahres veröffentlichte Studie „15 Jahre Bologna-Reform – Quo vadis Ingenieurausbildung“ im Auftrag des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), des VDI und der Stiftung Mercator.

Dafür wurden 1300 Studierende der Ingenieurwissenschaften, fast 400 Lehrende an Hochschulen, über 1400 Fach- und Führungskräfte sowie gut 250 Berufseinsteiger vom Institut für Innovation und Technik in der VDI/VDE Innovation und Technik GmbH befragt. „Die Betreuungsverhältnisse im Ingenieurstudium haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert“, heißt es darin, vor allem an den Universitäten.

Zu wenig Professoren für die Studierenden

Kamen im Jahr 2013 dort 95 Studierende auf eine Professur, waren es im Jahr 2005 noch 58. Einen entsprechenden Trend gibt es auch an den Fachhochschulen. Dort kommen auf eine Professur 44 Studierende, im Vergleichszeitraum 2005 waren es 32. „Dabei wird die Lehre zunehmend auf wissenschaftliche Mitarbeiter und externe Lehrbeauftragte übertragen“, so die Autoren der Studie. „Hier stellt sich die Frage, wie weit Professorinnen und Professoren für die Studierenden eine angemessene Betreuung von Abschlussarbeiten leisten können.“

Ob das auch ein Grund für die hohen Abbrecherquoten ist, lässt die Studie offen: „Der Anteil der Absolventen und Absolventinnen, die einen Abschluss im Bereich der Ingenieurwissenschaften machen, ist in Deutschland in den letzten Jahren stärker als in anderen Ländern gesunken.“

Immerhin seien jedoch die Studienabbruchquoten in den universitären Bachelor-Ingenieurstudiengängen im Vergleich der Absolventenjahrgänge 2010 und 2012 von 48 Prozent auf 36 Prozent deutlich zurückgegangen. An den Fachhochschulen bewegte sich die Quote im gleichen Zeitraum zwischen 30 und 31 Prozent und blieb somit annähernd gleich.

Der Frauenanteil bleibt niedrig

Für junge Frauen scheint die Aufnahme eines Ingenieurstudiums nicht attraktiver geworden zu sein: „Der Frauenanteil in den Ingenieurwissenschaften ist weder bei Bachelor- noch bei Masterabsolventen in den letzten Jahren gestiegen. Im europäischen Vergleich ist der Anteil der Ingenieurabsolventinnen in Deutschland eher niedrig.“

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Unterschiedliche Wahrnehmungen hat die Studie bei den Einschätzungen festgestellt, welche die Vermittlung von Grundlagenkompetenzen in der Ausbildung bewerten. Während Bachelor- und Masterabsolventen und –absolventinnen die erlernten Fähigkeiten während des Studiums als „bedarfsgerecht“ einschätzen, sehen Führungskräfte eine deutliche Differenz zwischen im Beruf benötigtem und bei Berufseinsteigern vorhandenem Grundlagenwissen.

Auch müssten Jungingenieure und -ingenieurinnen noch mehr an ihren Fähigkeiten methodischer Kompetenzen arbeiten. Wegen ihrer besseren Verzahnung von Theorie und Praxis treffen dagegen bei beiden Seiten breit angelegte und duale Studiengänge auf große Zustimmung.

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