So sagst Du Aufträge ab, ohne Kunden zu verprellen (2024)

Der Terminkalender ist voll, der Auftrag zu groß, die Engpässe und Lieferprobleme beim Material halten an: Es gibt viele Gründe, weshalb Handwerker einen Auftrag absagen müssen. Den Kunden für immer verlieren, wollen sie aber trotzdem nicht. Wie formulieren Handwerker eine höfliche und professionelle Absage? Handwerksberater Klaus Steinseifer gibt Tipps.

Von Eileen Wesolowski

Viele Handwerker kennen diese Situation: Ein Kunde ruft an und möchte einen Auftrag erteilen, doch der Handwerker fühlt sich gezwungen, abzusagen. Dafür kann es viele Gründe geben: Der Terminkalender ist voll, aktuelle Engpässe machen dem Betrieb Probleme oder es handelt sich beim Auftraggeber um einen schwierigen Kunden. Eine Absage auszusprechen, ist aber nicht immer einfach. "Eine Absage ist meist mit Emotionen verbunden. Wenn zum Beispiel ein sehr freundlicher Kunde am Telefon ist, fällt es besonders schwer, abzusagen", sagt Klaus Steinseifer. Der Handwerksberater und Malermeister kennt das nur zu gut. Bis 1993 hat er selbst einen Malerbetrieb und einen Gerüstbauerbetrieb mit zuletzt um die 100 Mitarbeiter geführt und musste in seiner Rolle als Chef viele Absagen an Kunden aussprechen. Seit 1989 berät er nun andere Handwerksbetriebe, unter anderem auch zu diesem Thema.

Welche Konsequenzen hat es, den Auftrag trotzdem anzunehmen?

Steinseifer weiß aber auch, dass es Nachteile hat, den Termin doch anzunehmen – trotz guter Gründe für eine Absage. "Bestehende Termine müssen verschoben werden, Kunden sind verärgert und wenn etwas nicht klappt, gilt der Handwerker als unzuverlässig." Das brennt sich ein in den Kopf des Kunden und der Handwerker hat ihn wohl für immer verloren. Im schlimmsten Fall gibt der Kunde die schlechte Erfahrung im Bekanntenkreis weiter: Damit sind noch mehr potentielle Neukunden futsch.

Ähnliches kann passieren, wenn eine Absage unhöflich formuliert wird. "Der größte Fehler ist es, den Kunden von oben herab zu behandeln", sagt Steinseifer. "Was glauben Sie eigentlich, was bei uns gerade los ist?" oder "In den nächsten zwei Wochen haben wir eh keine Zeit!": Diese Negativbeispiele hat er schon oft aus den Mündern von Handwerkern gehört. Viele Betriebe sind es gewohnt, dass sie sich vor Aufträgen kaum retten können, erklärt er. "Aufgrund der aktuellen Krisen halten aber viele Menschen ihr Geld zusammen. Das kann dazu führen, dass sich die Situation für die Betriebe bald ändert". Wer seine Kunden auch in schwierigen Zeiten nicht verlieren will, müsse deshalb auf die richtige Kommunikation achten.

Wie kommuniziert man eine Absage höflich und professionell?

Grundsätzlich können Handwerker auf drei Vorgehensweisen setzen, wenn sie einen Auftrag nicht annehmen können:

1. Absage erteilen

Wem nichts anderes übrig bleibt, als den Auftrag abzulehnen, sollte ehrlich die Gründe dafür kommunizieren und gleichzeitig sein Bedauern zum Ausdruck bringen. Das vermittelt dem Kunden: Mein Gegenüber hat sich trotz der Absage bemüht und den Auftrag nicht böswillig abgelehnt. Der Kunde wiederum kann für die Situation des Handwerkers Verständnis aufbringen.

Beispielformulierung: "Es tut uns sehr leid. Wir würden den Auftrag wirklich gerne annehmen, aber unser voller Terminkalender bietet aktuell absolut keinen Spielraum. Zudem verschieben wir ungern bereits vereinbarte Termine. Sie können sicher gut nachvollziehen, dass das unsere Kunden verärgern würde. Vielen Dank für Ihr Verständnis!"

2. Auftrag verschieben

Wer den Auftrag nicht endgültig absagen will, darf auch um Aufschubzeit bitten – oder um eine Verschiebung des Auftrages. Nicht jede Handwerksleistung kann und muss sofort erledigt werden. Die Bitte um Aufschub ist laut Steinseifer durchaus legitim.

Beispielformulierung: "Vielen Dank für Ihre Anfrage! Lassen Sie mir bitte zwei Wochen Zeit, um zu klären, ob ich das benötigte Material für den Termin beschaffen kann. Ich melde mich bis dahin wieder bei Ihnen zurück. Vielen Dank!"

3. Auftrag weitergeben

Passt es beim Handwerker gerade nicht, kann er den Kunden auch an einen zuverlässigen Kollegen weitervermitteln. Im besten Fall hat er ein Netz aus Subunternehmern aufgebaut. Steinseifer hat das in seiner Zeit als Chef selbst so gehandhabt. Wenn sein Terminkalender es nicht zuließ, hat er Aufträge beispielsweise an einen ehemaligen Mitarbeiter weitergeleitet, der sich selbstständig gemacht hat. Nach Erledigung des Auftrags hat der Subunternehmer ihm einen zuvor festgelegten Prozentsatz der Rechnung für die Vermittlung gezahlt. "Es ist aber im Vornherein viel Organisation nötig, um sich solch ein Netz aus Subunternehmern aufzubauen", sagt Steinseifer. Vorausgesetzt der Subunternehmer fährt in Firmenwagen und Arbeitskleidung des Hauptunternehmers zum Auftrag, ist gegenüber dem Kunden erst einmal keine Erklärung nötig. Der Auftrag kann wie sonst auch einfach angenommen werden.

Musterformulierungen für Absagen

Für die Absage eines Auftrags gibt es viele Gründe. Hier ein paar Beispielformulierungen für verschiedene Situationen im Handwerksalltag:

Situation 1: Der Terminkalender ist voll

Bei diesem Absagegrund handelt es sich um den Klassiker: Der Terminkalender ist proppenvoll oder es gibt einfach zu wenig Mitarbeiter im Betrieb, die den Auftrag ausführen könnten.

Beispielformulierung: "Es tut uns wirklich sehr leid, aber unser Betrieb ist im Augenblick voll ausgelastet. Leider können wir deshalb ihren Auftrag nicht annehmen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir bereits vereinbarte Termine mit anderen Kunden nicht verschieben oder absagen können. Vielen Dank!"

Situation 2: Lieferprobleme, Baustoffmangel oder andere Engpässe machen dem Handwerksbetrieb zu schaffen

Lieferschwierigkeiten oder ein Mangel an Materialien kann es Handwerkern schwermachen, Termine starr festzulegen. Für viele Kunden dürften diese Probleme ebenfalls nicht neu sein, weshalb der Handwerker durchaus damit argumentieren darf.

Beispielformulierung: "Sie haben bestimmt schon davon gehört, dass es bei Material X derzeit einen großen Mangel gibt. Wir können den Termin am [Datum, Uhrzeit] gerne vorsichtig festhalten. Allerdings kann ich Ihnen leider nicht versprechen, dass das benötigte Material bis dahin geliefert wird. Bitte haben Sie Verständnis dafür, wenn wir in diesem Fall den Termin noch einmal verschieben müssen."

Situation 3: Der Auftrag ist zu klein

"Ein Auftrag darf für einen Handwerker niemals zu klein sein", sagt Steinseifer. Er rät grundsätzlich davon ab, Absagen aus diesem Grund auszusprechen. Der Grund: Auch durch einen kleinen Auftrag kann man einen treuen Kunden gewinnen, der später mit größeren Aufträgen auf den Betrieb zukommt.

Oft aber sind diese Kleinaufträge nicht wirklich lukrativ und kosten viel Zeit. Wie kann hier eine Lösung aussehen? In seinem eigenen Malerbetrieb hatte Steinseifer eine Art "Schnelldienst" integriert. Einer seiner älteren Mitarbeiter, der nicht mehr in der Lage war, körperlich schwere Arbeiten auszuführen, hat sich ausschließlich um die Abwicklung kleinerer Arbeiten wie Reparaturen oder Reklamationen gekümmert. "Man kann aber auch jeden anderen Mitarbeiter dafür auswählen. Gibt es einmal zu wenig Aufträge dieser Art, kann der Mitarbeiter wie gehabt für größere Aufträge eingesetzt werden", sagt Steinseifer.

Situation 4: Der Auftrag ist zu groß

Die Manpower lässt es einfach nicht zu, einen Auftrag anzunehmen? In diesem Fall sei es in Ordnung, dem Kunden eine Empfehlung für eine größere Firma auszusprechen. Aber: Der Handwerker sollte von der Zuverlässigkeit und Arbeit des Unternehmens, an das er den Kunden verweist, überzeugt sein, so Steinseifer. Eine schlechte Empfehlung könne auf ihn zurückfallen.

Beispielformulierung: "Herzlichen Dank für Ihre Anfrage! Leider haben wir für diesen Auftrag nicht genügend Kapazitäten. Gerne empfehle ich ihnen aber den Handwerksbetrieb X aus Ort X, der Aufträge dieser Größe abwickeln kann."

Situation 5: Die geforderte Dienstleistung bietet der Handwerksbetrieb nicht an

Der Handwerker setzt bei seinen Dienstleistungen andere Prioritäten oder er bietet eine Dienstleistung schlichtweg nicht an: Das darf er ruhig an den Kunden kommunizieren, sollte hierbei aber nicht in Erklärungsnot geraten. Auch in diesem Fall kann er eine Empfehlung für einen Handwerkskollegen aussprechen, für dessen Arbeit er seine Hand ins Feuer legen kann.

Beispielformulierung: "Vielen Dank für Ihre Anfrage! Leider bietet unser Handwerksbetrieb die von Ihnen gewünschte Dienstleistung nicht an. Allerdings kann ich Ihnen meinen Handwerkerkollegen X aus Ort X empfehlen, der auf diese Dienstleistungen spezialisiert ist."

Situation 6: Mit diesem Kunden hat der Handwerksbetrieb bereits schlechte Erfahrungen gemacht

Anstrengende Kunden kennen Handwerker nur zu gut. Völlig unberechtigt kritisieren sie die ausgeführten Arbeiten, sind unfreundlich zu den Mitarbeitern und wissen alles besser. Besonders geschäftsschädigend sind aber diejenigen, die ihre Rechnungen nur mit viel Nachdruck zahlen. Klaus Steinseifer hat diese Art von Kunden in seiner Kundendatenbank rot markiert. Bei dieser Art von Mensch sei auch mal eine Notlüge in Ordnung, findet der Handwerksberater. Das legitimiert er mit einem alten Sprichwort. "Mein Opa, der ebenfalls Malermeister war, hat einmal gesagt: 'Ein Handwerker hat 50 Notlügen im Monat frei'", sagt Steinseifer lachend. Um unnötigen Ärger zu vermeiden, können Handwerker zum Beispiel auf ihren vollen Terminkalender verweisen (siehe Beispielformulierung Situation 1).

Situation 7: Ein treuer Kunde ruft an

Manche Kunden hingegen sind Gold wert. Sie sind dem Handwerksbetrieb treu, bezahlen ihre Rechnungen sofort und diskutieren nicht unnötig. Steinseifer nennt sie A-Kunden. "Ruft ein A-Kunde an, sollte der Handwerker trotz vollem Terminkalender versuchen, Zeit für einen Termin zu finden", empfiehlt er. In diesem Fall sei es auch mal in Ordnung, einen bereits vereinbarten Termin mit einem Neu-Kunden um eine gewisse Zeit zu verschieben. Allerdings sollte der Handwerker die Terminverschiebung dem Kunden gegenüber anderweitig begründen. "Auch in diesem Fall ist die ein oder andere Notlüge in Ordnung", so Steinseifer.

Situation 8: Der Kunde versucht, den Preis zu drücken

Und auch das kennen viele Handwerker: Den Auftrag würden sie eigentlich gerne annehmen, doch der Kunde versucht im weiteren Verlauf des Gesprächs, einen günstigeren Preis zu verhandeln. Grundsätzlich rät Steinseifer Handwerkern dazu, keine Preisnachlässe zu geben. Ist es doch nötig, sollte man aber lieber nicht von einem Rabatt sprechen, um den Wert seiner Arbeit nicht zu vermindern – sondern viel eher von einem "Geschenk".

Beispielformulierung 1: "Vielen Dank für Ihre Anfrage, allerdings geben wir grundsätzlich keine Preisnachlässe. Gerne kommen wir Ihnen aber anderweitig entgegen. Wir möchten Ihnen ein Geschenk machen. Die Dienstleistung X würden wir im Rahmen unserer Arbeiten bei Ihnen nicht in Rechnung stellen."

Manchmal aber kann und will der Handwerker am Preis nichts mehr machen. Das ist sein gutes Recht. In diesem Fall kann er die Absage an den Kunden wie folgt kommunizieren:

Beispielformulierung 2: "Wir haben alle Möglichkeiten ausgelotet, können Ihnen bei Ihrer Anfrage aber nicht weiter entgegenkommen. Bei diesem Angebot handelt es sich um die besten Konditionen, die wir Ihnen anbieten können. Wir freuen uns über Ihre Zusage!"

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Author: Horacio Brakus JD

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